Die andere Seite der Honorarkonsulin

Die andere Seite der Honorarkonsulin

von Juliane Bergmann
Seit 20 Jahren ist die Hamburgerin Sabine Sommerkamp-Homann Honorarkonsulin der Republik Lettland. Neben ihrem Engagement fĂŒr den deutsch-baltischen Austausch ist sie auch privat ziemlich umtriebig: Sie dichtet, singt und malt. Ein PortrĂ€t.

Im eleganten Hosenanzug sitzt Sabine Sommerkamp-Homann im Lesesessel ihres weitrÀumigen Wohnzimmers. Die schwarzen Haare streng zum spanischen Dutt gebunden, der Lidstrich: exakt. Ihr Haus, ihre Erscheinung, alles wirkt auf den Punkt. Auch mit Worten geht sie bedacht um. Sie schreibt tÀglich Haiku, japanische Kurzgedichte. 17 Silben, die klassischerweise ein Sinnbild aus der Natur beschreiben. Wie dieses:

Alleingelassen
eine letzte Garbe Korn -
kalt weht heut' der Wind.

Haiku: Halbes Gedicht mit Erkenntnisprozess
Studiert hat die heute 65-jĂ€hrige Sabine Sommerkamp-Homann unter anderem japanische Literaturwissenschaft. Ihre Dissertation schrieb sie ĂŒber die Bedeutung des Haiku fĂŒr die westliche Dichtung. Gerade das Reduzierte und Vage gefĂ€llt ihr an der lyrischen KĂŒrzestform: "Die Japaner sagen: Das Haiku ist ein halbes Gedicht, das erst in der Vorstellung des Lesers zu einem ganzen Gedicht wird. Und darin liegt auch der Zauber des Haiku, dass der Leser es ergĂ€nzen muss. Dadurch entsteht eine Sogwirkung, könnte man fast sagen. Man ist eingefangen, man beschĂ€ftigt sich mit einem Bild und erkennt etwas, was fĂŒr einen selber von Bedeutung ist. Praktisch ein kleiner Erkenntnisprozess."

"Blick fĂŒr das Wunderbare bewahren"
Die Faszination fĂŒr Japan hat Sabine Sommerkamp-Homann schon als Kind gepackt. Ihr Vater begann Anfang der 50er-Jahre fĂŒr Fluggesellschaften zu arbeiten. Ein Beruf, der die Tochter mit vielen Kulturen in BerĂŒhrung brachte. Bei ihrer ersten Japan-Reise war sie gerade mal fĂŒnf Jahre alt: "Ich war alt genug, um Dinge auch aufzunehmen und behalten zu können. Und jung genug, um eine wenig festgelegte Sicht auf die Dinge zu haben. Der große Haiku-Meister Matsuo Basho hat einmal gesagt: 'Um Haiku zu schreiben, werde ein drei Fuß großes Kind'. Das heißt: Man muss offen sein fĂŒr alles. Man muss sich vielleicht noch den Blick fĂŒr das Wunderbare bewahren. Und das, was ich in Japan erfĂŒhlt habe als Kind - diese unglaubliche Naturverbundenheit - ich glaube, dass das wie ein Samenkorn fĂŒr mich war."

Der Garten als Inspirationsquelle
Und die Natur ist ihr sehr wichtig. Der Lieblingsort in ihrem Zuhause ist deshalb ihr Garten: "Im Mittelalter sagte man: 'Der Garten ist Abbild eines geistigen Raumes eines Menschen.' Und in die Richtung hat der Garten auch fĂŒr mich eine Bedeutung. Meinen Garten betrachte ich auch als Quelle der Inspiration und der Kraft." Die japanische Kirsche, ein Ginkgo, AhornbĂ€ume, die Alster, die in Sichtweite vorbeifließt - vieles hier hat sie schon inspiriert:

Rot sinkt die Sonne -
am Strauch die Hagebutte
leuchtet samenschwer.

FĂŒr Lettland in Hamburg
Sie singt Jazz- und Popballaden, malt Landschaften und PortrĂ€ts. Sie hat ein Haiku-MĂ€rchen geschrieben, die "Sonnensuche", dazu mehrere GedichtbĂ€nde. Gerade arbeitet sie an einem Buch mit eigenen Gedichten und Fotografien des Berges Fuji. Seit 20 Jahren ist Sabine Sommerkamp-Homann zudem Honorarkonsulin der Republik Lettland in Hamburg - und hat vieles bewegt. So ist auf ihre Initiative hin seit einigen Jahren in der Adventszeit der lettische Cantus Chor in Hamburg zu Gast. Sie sammelt Spenden fĂŒr die lettischen SOS-Kinderdörfer. Außerdem hat sie den Hamburger Studiengang "Medien- und Kulturmanagement" an die Kulturakademie in Riga gebracht. Bei diesem Engagement fĂŒr Lettland bleibt natĂŒrlich auch von der Sprache etwas hĂ€ngen: "Ari turpmak laimi - Weiterhin alles Gute."



Bild am Seitenanfang: Übersetzt in asiatische Schriftzeichen sehen ihre Gedichte so aus. Auch wenn die gebĂŒrtige Hamburgerin Expertin fĂŒr japanische Lyrik ist, versteht sie nur BruchstĂŒcke der Sprache, gibt sie offen zu.

Autorin und Fotografin ist Juliane Bergmann.

 

In Japan, dem Heimatland des Haiku, hat die promovierte Germanistin mehrere Literatur-Preise fĂŒr ihre Gedichte erhalten. Einige der ausgezeichneten Texte hĂ€ngen an der Wand.Sabine Sommerkamp-Homann hat bereits mehrere GedichtbĂ€nde und ein MĂ€rchen geschrieben. Teilweise wurden ihre BĂŒcher ins Englische, Japanische und Chinesische ĂŒbersetzt.Das Singen hat sie sich selbst beigebracht. Mehrere CDs mit Jazz- und Popballaden hat sie in den vergangenen Jahrzehnten veröffentlicht.Sabine Sommerkamp-Homann malt auch. Ihre ganze Familie hat sie bereits portrĂ€tiert.Auch ein Atelier hat die Honorarkonsulin in ihrem Haus. Hier malt sie vor allem PortrĂ€ts und Landschaften.Das japanische Haiku lĂ€sst sie schon seit Jahrzehnten nicht mehr los. Zu dieser Gedichtform hat sie promoviert. TĂ€glich schreibt sie neue Haiku - am liebsten in ihrem Lesesessel.

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